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03/21/2025 | 4:00 PM

Islands Badekultur: Die Geschichte und Bedeutung von Geothermalbädern

Das Baden in Islands natürlich beheizten Becken und heißen Quellen ist mehr als nur eine Art der Entspannung – es ist eine kulturelle Tradition, die Jahrhunderte zurückreicht. Die Begeisterung fürs Baden nimmt jedoch auch heute immer noch zu. Schätzungen zufolge besuchen 79 % der in Island lebenden Erwachsenen regelmäßig Schwimmbäder. Und in großen geothermischen Anlagen wie der Blauen Lagune und der Sky Lagoon werden jedes Jahr Hunderttausende von Touristen willkommen geheißen.

Tatsächlich ist die isländische Badekultur mittlerweile so bekannt, dass sie jetzt für einen Platz auf der UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes nominiert wurde (diese Auszeichnung wird im Erfolgsfall im Dezember 2025 verliehen). Aber warum sind geothermische Schwimmbäder in der isländischen Kultur so beliebt?

In diesem Artikel untersucht der Journalist Joseph Phelan die traditionelle Liebe der Isländer zum Baden unter freiem Himmel, bei Regen oder Sonnenschein oder in Polarnächten. In einer Reihe von Interviews mit Einheimischen erforscht er die Bräuche, die soziale Bedeutung und die gesundheitlichen Vorteile der isländischen geothermischen Badekultur und beschäftigt sich mit ihrer tiefen Verwurzelung in der isländischen Gesellschaft.

Island ist, wie der Name „Eisland“ schon andeutet, ein Land, das zu großen Kälteeinbrüchen neigt. In den Wintermonaten steigt die Temperatur selten deutlich über 0 °C und ist in nördlichen Städten wie Akureyri oder Raufarhöfn oft viel niedriger. Hier zeigt das Thermometer schon gerne mal -15 °C an.

Doch selbst in diesen frostigen Regionen und unabhängig von der Jahreszeit lassen es sich die Isländer nicht nehmen, in einem der (schätzungsweise) 127 Freibäder des Landes zu schwimmen, baden und entspannen.

Die isländische Leidenschaft für das Baden – selbst bei schlechtesten Wetterbedingungen – wirkt auf Außenstehende vielleicht etwas merkwürdig. Warum ist es also so beliebt? Warum sind die Isländer so begeistert von der Idee, in einem Becken im Freien zu baden und sich in eiskalter Luft zu entspannen?

Geothermische Schwimmbäder gehören zur isländischen Tradition

Die Isländer lieben das Baden im Freien schon seit langer, langer Zeit. Snorralaug, ein historischer Hot Pot in Reykholt, Westisland, wurde von Badenden schon im Jahr 1178 genutzt (das ist das Jahr, in dem er erstmals schriftlich erwähnt wurde). Das Becken wird von einer nahegelegenen heißen Quelle gespeist, die bei den Einheimischen unter dem Namen „Skrifila“ bekannt ist. Snorralaug hat dadurch das ganze Jahr über warmes Wasser und ist heute noch genauso beliebt wie schon vor fast einem Jahrtausend, auch wenn das Baden hier nicht erlaubt ist.

Überall auf Island gibt es zahlreiche weitere „antike“ Badeorte. Dazu gehören beispielsweise Grettislaug, das schon mindestens seit dem 12. Jahrhundert existiert. Das Bad von Gvendarlaug ist heute ein Nationaldenkmal, das laut der Sturlunga Saga im 13. Jahrhundert so verehrt wurde, dass Guðmundur der Gute, damals Bischof von Hólar, es segnete.

Freibäder sind eine deutlich neuere Ergänzung im Freizeitangebot auf Island, aber nicht weniger beliebt.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden – trotz des Mangels an Baustoffen und diverser wirtschaftlicher Schwierigkeiten in Island – von Freiwilligen und mit Unterstützung der Ortsverwaltungen eine Vielzahl von Bädern erbaut. Das erste, Seljavallalaug (nachstehend abgebildet), wurde 1923 fertiggestellt und ist noch heute in Betrieb.

Die Motivation für das Errichten dieser Bäder war ganz einfach: Isländer sollten einen Ort haben, um Schwimmen zu lernen. Damals war die Fischerei die vorherrschende Industrie im Land und man entschied, dass zu viele Menschen auf See starben, da sie im Wasser nicht überleben konnten, wenn sie über Bord gespült wurden. Die Isländer beschlossen daher, dass Schwimmen eine überlebensnotwendige Fähigkeit sei.

Dieses Engagement für den Schwimmunterricht ist bis heute geblieben und der Schwimmunterricht ist für alle Schulkinder verpflichtend.

Foto: Snorralaug, Westisland

Mehr als nur Schwimmen

Obwohl aus praktischer Sicht unbestreitbar nützlich, geht die Liebe der Isländer zum Baden im Freien weit über das bloße Schwimmenlernen hinaus. Die vielen Schwimmbäder, Thermen und Lagunen werden für ganz unterschiedliche Zwecke genutzt und ziehen Tausende von Menschen an – Jung und Alt, und das jeden Tag.

„Für viele ist das Schwimmbad ein wichtiger Teil des sozialen Lebens“, sagt Katrín Guðmundsdóttir. Die Ethnologin hat an der Universität von Island studiert und erforscht, warum das Baden im Freien einen so besonderen Platz im Herzen der Isländer einnimmt.

„Ich habe Menschen kennengelernt, die sich jeden Tag in einem Schwimmbad treffen und Kaffee trinken. In den Westfjorden gibt es eine Lesegruppe, die sich wöchentlich in einem Bad trifft und Bücher bespricht, die in der Gegend spielen.“

So sind diese Schwimmbäder wesentlich vielseitiger, als man auf den ersten Blick meinen würde.

„Sie sind ein guter Ort für die Partnersuche und ideal für ein Treffen mit Freunden, die Kinder haben“, ergänzt Helga Vollertsen, Kuratorin für Ethnologie im Nationalmuseum von Island. „Manchmal gibt es in den Schwimmbädern Filmabende, Schwimmwettkämpfe, Gymnastik, sogenanntes „Floating“ im Wasser und vieles mehr. Manche Schwimmbäder werden sogar von den Fluggesellschaften genutzt, um zu üben, wie man sich bei der Landung auf dem Wasser verhält.“

Helga hebt hervor, dass die geothermischen Schwimmbäder Islands praktisch und günstig sind und unterschiedlichen Zwecken dienen können. „Das Wasser ist warm, entspannend und preiswert“, sagt Helga. „Warmwasser ist für uns normalerweise keine Ressource, über deren Verwendung wir nachdenken müssen.“

Weil es in Island so viel geothermische Aktivität gibt, wird die überwiegende Mehrheit der Wohnungen, Unternehmen und Anlagen des Landes mit geothermischem Wasser beheizt. Es ist reichlich vorhanden, günstig und ein zuverlässiger Rohstoff.

„In den dunklen, kalten Wintermonaten“, ergänzt Helga, „helfen diese Schwimmbäder Menschen, die mit Winterdepressionen zu kämpfen haben. Bäder mit Gymnastikprogrammen sind besonders beliebt bei älteren Menschen, schwangeren Frauen und bei Menschen mit chronischen Erkrankungen oder Fettleibigkeit. Das Wasser lindert die Schmerzen.“

Für Isländer ist das Schwimmen und Baden im Freien kulturell so tief verwurzelt, dass es sich gar nicht lohnt, diesen Umstand zu analysieren. Für sie ist das einfach untrennbar mit dem kulturellen Erbe Islands verbunden. Doch eine wichtige Frage bleibt: Warum ist das Baden im Freien auf diesem kalten Felsen im Nordatlantik beliebter als praktisch irgendwo sonst auf der Welt?

Foto: Geothermalstrand von Nauthólsvík, Reykjavík

Der soziale Nutzen der isländischen Schwimmbäder

„Aufgrund des schlechten Wetters und des mangelnden gesellschaftlichen Lebens in manchen Gegenden sind die Schwimmbäder in gewisser Weise zu einem Ort geworden, an dem Fremde und Nachbarn zusammenkommen“, erklärt Katrín. „In den Bädern sind die Leute warm und geborgen, egal bei welchem Wetter. Man kann ins Gespräch kommen oder – wenn man nicht in der Stimmung ist – auch die Einsamkeit genießen. Das wird vollkommen akzeptiert.“

Katrín ist zudem der Meinung, dass beim Schwimmen oder Baden alle Personen gleich sind. Sie ist überzeugt davon, dass das ein Faktor dafür sein könnte, warum sich die Schwimmbäder in Island anhaltender Beliebtheit erfreuen. „Alle waschen ihren Status ab, den sie außerhalb der Grenzen des Bads haben. Halbnackt zu sein macht alle gleich“, sagt sie.

Außerdem ist sie der Ansicht, dass die Notwendigkeit, dass Kinder schwimmen lernen, zweifelsohne eine Rolle dabei gespielt hat, warum die Menschen eine positive Einstellung zum Baden im Freien haben.

„Als überall Bäder entstanden sind, haben die Leute erkannt, dass sie uns potenziell nicht nur vor dem Ertrinken bewahren können, sondern dass sie auch eine wunderbare Möglichkeit sind, andere Menschen zu treffen, sowie einen Riesenspaß für Kinder bieten. Heute steht ihr Wert auch zunehmend mit der Natur in Verbindung. Man kann sich im Wasser bewegen oder entspannen. Es ist aber auch großartig, einfach nur die Umgebung zu genießen, seien es die Berge, das Meer, die Sterne, Schnee oder Bäume.“

Island wird im Umweltleistungsindex des Weltwirtschaftsforums regelmäßig als eines der umweltfreundlichsten Länder der Welt gelistet. Reykjavík gilt als eine der nachhaltigsten Städte der Welt und plant, bis 2050 vollständig frei von fossilen Brennstoffen zu sein. Die Natur zu erleben und wertzuschätzen ist zweifellos ein weiterer Grund für die Beliebtheit der Freibäder.

Im Rahmen ihrer Studien hat Katrín außerdem festgestellt, dass viele Menschen die Bäder als idealen Ort betrachten, um „schlechte Laune abzuwaschen“. Viele vergleichen ihr Erlebnis beim Baden im Freien mit Yoga oder Wandern. Die Bäder sind eine Gelegenheit für eine Auszeit, für Entspannung und Besinnung – und all das inmitten einer faszinierenden Landschaft.

„Ein weiterer Aspekt, der in letzter Zeit immer häufiger erwähnt wird, ist, dass die Bäder für Menschen eine Möglichkeit sind, ihrem hektischen Alltag zu entfliehen. Im Bad legt man sein Handy beiseite und das Leben kann einen nicht mehr erreichen. Eltern haben mir sogar gesagt, dass sie den Besuch im Schwimmbad lieben, weil sie dann einmal Zeit mit ihren Kindern und der Familie verbringen können, ohne dass irgendjemand zum Handy greifen kann.“

Foto: Krauma, Westisland

Geothermische Schwimmbäder sind ein Sinnbild für die isländische Kultur

Aðalheiður Ósk Guðmundsdóttir, CEO der Vök Baths, einem geothermischen Thermenkomplex in Ostisland, ist davon überzeugt, dass den Isländern die Liebe zum Baden im Freien in die Wiege gelegt wurde. „Wir sind hier zähe Wikinger“, sagt sie. „Das ist ganz tief in unserer Kultur verwurzelt. Wir lieben das Entspannen im warmen Wasser ebenso wie eine kleine Brise zur Abkühlung, wenn wir in lokalen Bädern oder Thermen sind.“

Aðalheiður ist der Ansicht, dass Freibäder in vielen Teilen Islands eine ähnliche Rolle spielen wie Cafés oder Bars. „Man kann mit Freunden oder allein gehen und dann mit Fremden ins Gespräch kommen oder sogar eine hitzige Debatte über Politik führen“, sagt sie.

„Es gibt Leute, die ihren Tag immer mit einem Besuch im Schwimmbad beginnen. Ich habe gesehen, wie sich hier [im Vök-Thermalbad] viele Freundschaften entwickelt haben; Menschen, die sehr schnell von Fremden zu guten Freunden geworden sind. Wenn man jeden Tag mit denselben Leuten im selben Becken sitzt, dann dauert es nicht lange, bis man von einem einfachen Hallo zu einem Gespräch über alles Mögliche übergeht – von Ehegeschichten bis hin zu Ratschlägen für die Erziehung von Kindern!“

Weil sich Aðalheiður bewusst ist, dass die Freibäder für viele Isländer nicht nur Orte der Entspannung, sondern auch soziale Treffpunkte sind, hat sie das Angebot von Vök ausgebaut. Inzwischen gibt es eine Reihe themenbasierter Entspannungs- und Meditationsangebote und sie ist auch dabei „etwas Neues zu machen“.

„Wir versuchen immer, irgendwie anders zu sein“, sagt Aðalheiður. „Wir haben so viele Einheimische zu Gast, dass wir innovativ sein und das Angebot abwechslungsreich gestalten müssen. In den Wintermonaten treten beispielsweise ein Sänger und Gitarrist auf, und wir planen bereits einige Überraschungsveranstaltungen für den nächsten Winter.“

Auch wenn Aðalheiður nicht bei allen ihren Ideen die Katze aus dem Sack lassen möchte, erzählt sie von einer geplanten Veranstaltung mit dem Titel „Hættu að væla komdu að kæla“. Das heißt so viel wie „Hör auf zu jammern und kühl dich ab“. Das Ziel ist, die Menschen dazu zu bewegen, im See Urriðavatn zu schwimmen – mitten im Winter.

„Das ist ein echter Adrenalinschock, aber eben auch total gesund!“, erklärt sie.

Foto: Vök Baths, Ostisland

Die geothermische Touristenroute

Wer Island schon einmal besucht hat oder einen Besuch plant, dem wird kaum entgangen sein, wie sehr die Isländer ihre Freibäder lieben. Einige der wichtigsten Touristenattraktionen wie die Blaue Lagune, die Sky Lagoon und das Laugarvatn Fontana geben Reisenden die Gelegenheit, eine der beliebtesten Freizeitaktivitäten in Island zu erleben. Diese Thermalbäder stehen normalerweise auch ganz oben in den Reiseplänen von Besuchern.

Wie Katrín anmerkt, möchten allerdings nicht nur Touristen die Schwimmbäder des Landes besuchen.

„Für einen Isländer sind Schwimmbäder etwas ganz Besonderes: Egal, ob man sie regelmäßig benutzt oder nicht, scheinen wir alle diesen Drang zu haben, Schwimmbäder zu besuchen, wenn wir in Island unterwegs sind. Wir können uns glücklich schätzen, diesen Luxus auf dieser Insel im äußersten Norden zu haben.“

Foto: Naturbad von Mývatn, Nordisland

Geschichten von ortsansässigen Badegästen

Das Baden im Freien ist ein integraler Bestandteil der isländischen Kultur. Deshalb hat Jón Karl Helgason, einer der prominentesten und beliebtesten Filmemacher Islands, 2021 einen Dokumentarfilm über den Stellenwert der Badekultur gemacht.

Der Film „Swimming Pool Stories“, den Helgason als „visuelle Präsentation der Schwimmbäder in Island“ bezeichnet, hebt die „einzigartige Funktion“ der isländischen Outdoor-Badebecken hervor. Im Film hören die Zuschauer von begeisterten Befürwortern, die diese Becken das ganze Jahr über nutzen. Er zeigt auch die positive Wirkung, die das Schwimmen auf die Gesundheit der Bevölkerung in Island hat. (Die Vorschau zum Dokumentarfilm können Sie sich nachstehend ansehen.)


„Meine Vision war es, Islands Schwimmbäder und die damit verbundene Schwimmbadkultur – sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart – darzustellen“, so Helgason. „Die Finnen haben ihre Saunen, die Briten ihre Pubs, die Franzosen ihre Cafés. Wir Isländer haben unsere Schwimmbäder.“

Helgason ist der Ansicht, dass die Freibäder Islands – und die vielen natürlich beheizten „Hot Pots“ (heiße Becken) – den Isländern helfen, „ihr körperliches und geistiges Wohlbefinden zu pflegen“. Sie können sogar eine wichtige Rolle dabei spielen, dass Menschen besser miteinander ins Gespräch kommen.

„Normalerweise sind die Isländer sehr zurückhaltend“, sagt er. „Doch wenn sie in das warme, behagliche Wasser eines heißen Beckens eintauchen, dann verlieren sie ihre Scheu und verwandeln sich in kontaktfreudige Gesprächspartner. Menschen aus allen Gesellschaftsschichten entspannen sich im Bad und sprechen miteinander, und es gibt lebhafte Diskussionen zu jedem erdenklichen Thema.“

Foto: Laugarvatn Fontana, ein Schwimmbadkomplex am See Laugarvatn.

Sind Sie bereit, sich zu entspannen?

Die isländische Badekultur ist viel mehr als eine Tradition, sie ist eine Lebensart. Vom naturnahen Bad in einer heißen Quelle bis hin zu geselligem Beisammensein im Schwimmbad – die geothermischen Gewässer Islands bringen Menschen bei Wind und Wetter zusammen.

Ein Besuch in einem der isländischen Schwimmbäder oder einer der Lagunen und heißen Quellen ist eine der besten Möglichkeiten, die isländische Kultur selbst zu erleben. Glücklicherweise sind diese entspannenden geothermischen Bäder nur einen Flug mit Icelandair entfernt!

Wir haben eine Vielzahl an Heiße Quellen-Pauschalreisen im Angebot, in denen Flüge, Unterkunft und geothermische Badeausflüge zu beliebten Orten (einschließlich der Blauen Lagune, der Sky Lagoon und des Thermalbads Laugarvatn Fontana) enthalten sind. Bei diesen Pauschalreisen ist alles Wichtige inbegriffen. Darüber hinaus haben Sie die Möglichkeit, Ihre Reise mit anderen Touren zu kombinieren und so nach Ihren Wünschen zu gestalten. Auf diese Weise wird die Planung Ihres Islandurlaubs zu einem Kinderspiel.